Licht gegen Viren – 1:0

Ein Entwick­ler­team von OSRAM erschafft Licht, das es auf der Erde eigent­lich gar nicht gibt, um Ober­flä­chen, Raum­luft oder Wasser mit UV-C Licht zu entkeimen. Das Rezept: Geballtes Fach­wissen, den Mut neu zu denken und die Leucht­diode.

Für zehn Minuten das Licht anknipsen und schon ist die Raum­luft gerei­nigt? Das Handy in ein Käst­chen gelegt und nach wenigen Minuten ist es keim­frei? Was futu­ris­tisch anmutet, ist bereits Realität: Die Entkei­mung mit kurz­wel­liger Ultra­vio­lett­strah­lung, dem UV-C-Licht.

Dabei gibt es UV-C-Strah­lung auf der Erde eigent­lich gar nicht. Sie wird von der Ozon­schicht absor­biert. Und das ist auch gut so, denn das kurz­wel­lige Licht ist beson­ders ener­gie­reich und sorgt dafür, dass die chemi­schen Bindungen in der RNA oder DNA-Helix aufbre­chen. Eine Weiter­gabe der Erbinfor­ma­tion wird so verhin­dert. Mit dem posi­tiven Effekt, dass Viren oder Bakte­rien nicht mehr infek­tiös sind und sich nicht vermehren können. Diese Eigen­schaft macht UV-C-Licht für die Entkei­mung zu einem viel­ver­spre­chenden Werk­zeug.

Doch die Strah­lung zersetzt nicht nur nicht nur schäd­liche Mikro­organ­simen, sie kann auch beim Menschen schwer­wie­gende Schäden an Haut oder Augen verur­sa­chen. Ohne Schutz­klei­dung ist der Kontakt mit UV-C-Licht gefähr­lich.

In Systemen, die die Raum­luft mit der Kraft des Lichts reinigen, stecken momentan noch herkömm­liche Gasent­la­dungs­lampen als Licht­quelle. Die haben aller­dings einen entschei­denden Nach­teil: Gehen sie zu Bruch, kann Queck­silber austreten. Für mobile Anwen­dungen sind sie darum nur bedingt geeignet. Anders die Leucht­diode, kurz: LED. Sie ist klein, flexibel, lang­lebig und vibra­ti­ons­re­sis­tent – und sie kann UV-C-Licht emit­tieren. Der Keim­killer für die Jacken­ta­sche ist damit in greif­barer Nähe. Die aktu­elle Heraus­for­de­rung: Effi­zienz. Mit einem Wirkungs­grad von derzeit vier Prozent steckt in der UV-C-LED noch deut­li­ches Verbes­se­rungs­po­ten­tial. Darauf fokus­siert das Osram-Team derzeit seine Arbeit.

Die Entwickler*innen von OSRAM arbeiten daran, das zu ändern. Eine Aufgabe, die Krea­ti­vität, Ausdauer und Leidens­fä­hig­keit erfor­dert. Und das Team genau deswegen beson­ders reizt.

Wer steckt hinter der Technik?

High­tech braucht Menschen. Und diese Menschen brau­chen High­tech. Finden Sie selbst heraus, welche krea­tiven Köpfe hinter der Technik der UV-C-LED stecken und legen Sie den Schalter um.

Hans-Jürgen Lugauer:

bringt Halb­leiter zum Leuchten

Lugauer ist Physiker und Senior Manager in der Vorent­wick­lung bei Osram Opto Semi­con­duc­tors

Rück­schläge ist Hans-Jürgen Lugauer gewohnt. „Wenn man mit denen nicht umgehen kann, ist man in der Vorent­wick­lung falsch aufge­hoben“, sagt er. Lugauer weiß, wovon er spricht. Schließ­lich macht er seine Arbeit bei Osram seit 1999. Es war seine erste und einzige Bewer­bung nach der Promo­tion an der Uni Würz­burg und für Lugauer bis heute ein ‚perfect match‘.

„Der Job macht mir unglaub­lich viel Spaß, das passt perfekt für mich. Natür­lich gibt es auch mal Phasen, in denen es nicht so super läuft und ich viel Arbeit inves­tiere und dann trotzdem noch­mals von vorne anfange, damit muss ich umgehen können.“ Anders könnte er es sich aber auch nicht vorstellen: „Ich möchte nichts machen, von dem ich nicht weiß, warum ich das mache. Auch ein Routi­nejob wäre nichts für mich – ich brauche schon eine gewisse Chall­enge.“ Nach seiner Entwick­lungs­ar­beit an LEDs für den sicht­baren Bereich heißt diese Heraus­for­de­rung nun LEDs zu entwi­ckeln, die UV-C-Licht emit­tieren.

Spaß am Knacken harter Nüsse

Lugauers Aufgaben haben sich mitt­ler­weile verän­dert. Er sitzt mehr am Schreib­tisch und ist weniger im Labor. Fehlt ihm dieses Selber­ma­chen? „Ja, das vermisse ich tatsäch­lich. Es juckt mich immer wieder, selbst aktiv etwas zu machen. Ich versuche aber so nah wie möglich an der Tech­no­logie zu sein, damit ich Probleme auch noch im Detail verstehen kann. Ein reiner Manage­mentjob ohne tech­ni­schen Bezug wäre nichts für mich“, betont er.

„Ich versuche so nah wie möglich an der Tech­no­logie zu sein, um Probleme im Detail zu verstehen.“

Wird es mal wirk­lich knif­felig, zieht er sich gerne erst einmal allein zurück, um zu verstehen, an was es hakt – und seinen Ansatz danach im Team zu disku­tieren. Ohne die Inter­ak­tion mit den Kolle­ginnen und Kollegen ginge es für ihn nicht. Das sei eine der wich­tigsten Kompo­nenten bei seiner Arbeit.

Über­haupt mag er das gemein­same krea­tive Arbeiten, das in der Vorent­wick­lung möglich und nötig ist: „Ich bin kreativ, was auch mit etwas Unstruk­tu­riert­heit einher­geht. Ich arbeite hart daran, sie in Grenzen zu halten“, gibt er lachend zu.

Lugauer lacht viel – auch bei der Arbeit: „Mir ist wichtig, dass der Humor nicht zu kurz kommt. Wir lachen oft, auch mal über ganz Alltäg­li­ches. Das moti­viert mich und meine Kollegen. Wenn ich keinen Spaß hätte, wäre ich nicht zufrieden.“

Licht mit gesell­schaft­li­cher Rele­vanz

Mit diesem moti­vierten Team erschafft er nun Licht, das Viren unschäd­lich macht. Das gibt seiner Arbeit noch­mals eine beson­deren Sinn, sagt Lugauer: „Es fühlt sich gut an, dass bald kleine, mobile Geräte mit UV-C-Licht in Räumen Luft entkeimen und so, zum Beispiel im Kran­ken­haus dafür sorgen können, dass weniger Menschen an Bakte­rien und Viren sterben. Wir entwi­ckeln hier was sozial und gesell­schaft­lich wirk­lich Rele­vantes. Mit UV-C-LEDs können wir es schaffen, die bisher verwen­deten Queck­sil­ber­lampen abzu­lösen. Das wäre ein Riesen­sprung nach vorne für die Gesund­heit der Bevöl­ke­rung und die Umwelt. Das gibt mir ein extrem gutes Gefühl.“

Die Basis: 

der Halb­lei­t­erkris­tall

Alumi­ni­um­gal­li­um­ni­trid, kurz: AlGaN, ist die Basis für das UV-C-Licht. Dieses Halb­lei­t­erkris­tall ist eine Verbin­dung aus Alumi­nium, Gallium und Stick­stoff. Damit unter­scheiden sich UV-C-LED bereits grund­sätz­lich von blauen LED, auf denen die handels­üb­li­chen weißen LED aufbauen. Letz­tere basieren auf Indi­um­gal­li­um­ni­trid (InGaN). Für das UV-C-Licht tauschten die Entwickler also das Indium gegen das Alumi­nium. So einfach? Nein, denn die Mate­ri­al­ei­gen­schaften der beiden Verbin­dungen unter­scheiden sich. AlGaN verhält sich daher auch völlig anders als InGaN. Es braucht also auch neue Entwick­lungs- und Herstel­lungs­pro­zesse.

Der Isolator soll leuchten

Die große Heraus­for­de­rung: das Mate­rial zum Leuchten zu bringen. Per se tut es das nicht – der Hableiter AlGaN ist auch bei Raum­tem­pe­ratur noch ein sehr guter Isolator. Erst durch das gezielte Zumi­schen von Atomen wird aus dem quasi nicht­lei­tenden ein leitendes Mate­rial. Dieser Herstel­lungs­pro­zess nennt sich Epitaxie. Bei dem chemi­schen Abschei­dungs­ver­fahren werden die Ausgangs­ma­te­ria­lien gasförmig in einen Reaktor geleitet. Dort reagieren sie unter extrem hohen Tempe­ra­turen von weit über 1.100 Grad Celsius auf einer passenden Unter­lage, dem soge­nannten Substrat, mitein­ander.

Das in der Halb­lei­ter­welt übliche Sili­zium ist dabei als Substrat unge­eignet, da sich die Gitter­ab­stände der beiden Kris­talle zu sehr unter­scheiden und es UV-C Strah­lung absor­biert. Für blaue, grüne und weiße LEDs auf InGaN-Basis kommt daher meist Alumi­ni­um­oxid Al2O3, auch Saphir genannt, zum Einsatz. Auch für Alumi­ni­um­gal­li­um­ni­trid ist Saphir für die Erzeu­gung von UV-C-Licht das Substrat der Wahl. Denn seine physi­ka­li­schen Eigen­schaften passen sehr gut zu denen des Halb­lei­ters. Außerdem ist es trans­pa­rent für die UV-C Strah­lung.

Hauch­dünn geschichtet

Der Epita­xie­pro­zess selbst gleicht weit­ge­hend dem bei der Herstel­lung einer konven­tio­nellen LED: Es werden weit über hundert hauch­dünne Schichten aufein­ander abge­schieden. Die wich­tigsten, die soge­nannten „Quan­ten­tröge“, sind dabei dünner als zehn Atom­lagen. Damit die LED am Ende das kurz­wel­lige UV-C-Licht in der rich­tigen Wellen­länge von 260-280 Nano­meter emit­tiert, ist aber viel theo­re­ti­sche Vorar­beit gefragt. Die Schicht­struktur ist komplex, die Wech­sel­wir­kungen zwischen den Schichten sind es eben­falls. Wie genau sie mitein­ander inter­agieren weiß man erst, wenn der Chip fertig ist, doch ihre Dicke und Zusam­men­set­zung werden vorab auf theo­re­ti­scher Basis betrachtet, um das best­mög­liche Ergebnis zu erhalten.

Schließ­lich ist es soweit: Als erstes entsteht eine Puffer­schicht, dann folgen die aktiven LED-Schichten und am Ende wird eine Kontakt­schicht aufge­tragen. An diesem Punkt lässt sich die Wellen­länge des Lichts bereits relativ fein einstellen. Die Stell­schraube: das Misch­ver­hältnis von Alumi­nium und Gallium in den aktiven LED-Schichten.

Fehler­suche unter dem Raster­kraft­mi­kro­skop

Immer wieder tauchen während des Herstel­lungs­pro­zesses Fragen und neue Heraus­for­de­rungen auf. Ein Beispiel: Sobald die LED-Struktur Schicht für Schicht bis zur Kontakt­schicht aufge­baut ist, emit­tiert sie bereits etwas Licht, aber nicht genug. Die Suche nach wich­tigen Stell­schrauben beginnt. Ist die gewählte Struktur optimal? Wo passen Zusam­men­set­zungen nicht? Wo müssen Struk­turen entfernt oder ergänzt werden, damit es besser wird? Wo gehen die Elek­tronen verloren?

Auf der Suche nach dem Fehler tastet zum Beispiel ein soge­nanntes Atomic Force Micro­scope die Ober­fläche der Puffer­schichten fein ab und macht die atomaren Struk­turen sichtbar. Ist sie glatt oder ist sie rau? Gibt es Löcher oder Defekte durch Partikel?

Rönt­gen­strahlen machen außerdem sichtbar, wie die Schichten zusam­men­ge­setzt und wie sie gegen­ein­ander verspannt sind. Die LED-Schichten werden auf ihre Leit­fä­hig­keit geprüft. Je nachdem, wie gut die Schichten leiten, wissen die Entwickler, ob sie auf dem rich­tigen Weg sind, oder ob sie die Schichten und ihre Zusam­men­set­zung neu über­denken müssen. Immer wieder bedeutet das: einen oder mehrere Schritte zurück oder eben auch ganz von vorne anfangen und nochmal alles neu denken.

Chips­würfel in Sand­korn­größe

Das gilt auch für den nächsten Schritt, die Chip­pro­zes­sie­rung. Die in der Epitaxie gefer­tigte Scheibe wird dabei struk­tu­riert, mit Metall­kon­takten versehen und am Ende in kleine Würfel­chen, die Chips, verein­zelt. Die winzigen, sand­korn­großen Kris­talle müssen aus ihr heraus­ge­sägt werden. Sie sind es, die später das UV-C-Licht emit­tieren.

Stand heute tun sie dies aller­dings noch nicht effi­zient genug. Während blaue LEDs einen Wirkungsrad von weit über 60 Prozent errei­chen können, schaffen UV-C-LED aktuell gerade einmal etwa vier Prozent. Für die Entwickler ist das derzeit noch die härteste Nuss, die es zu knacken gilt.

Alex­ander Wilm:

baut der LED ein Haus

Wilm ist Diplom Inge­nieur Mecha­tronik und Senior Key Expert Appli­ca­tions bei Osram Opto Semi­con­duc­tors

Alex­ander Wilm braucht die Heraus­for­de­rung. Am wohlsten fühlt er sich auf unbe­kanntem Terrain: „Ich arbeite mich gerne in für mich unbe­kannte Themen ein und gestalte Zukunfts­tech­no­lo­gien mit. Wenn es dann alle machen, suche ich mir was Neues“, sagt er und lacht. Glück­li­cher­weise gab es für ihn bei Osram in den letzten 16 Jahren davon immer genug. Die LED hat ihn begleitet oder viel­mehr er die LED: In Auto­mo­bil­schein­wer­fern, Handys, Beamern, Gewächs­häu­sern und in Stra­ßen­lampen. Für zwei Jahre auch in Singapur.

Anlass für einen Wechsel zu einem anderen Arbeit­geber sah er darum nie, sagt er, statt­dessen gab es immer viel zu entde­cken und voran­zu­bringen. So wie jetzt bei der UV-C-LED für die Entkei­mung. Im Appli­ca­tion Engi­nee­ring ist Wilm Schnitt­stelle zwischen der Entwick­lung und den Kunden. Das heißt, er disku­tiert Konzepte und Proto­typen mit einem Kunden und bringt Wünsche und Anfor­de­rungen mit, um sie mit seinen Kollegen auf ihre Mach­bar­keit abzu­klopfen.

Einfach mal rumspinnen

Die Mischung gefällt ihm: „Für mich gibt es hier einfach ein unglaub­lich gutes und krea­tives Arbeits­klima. Ich muss frei denken können und das geht hier. Gerade, wer High­tech entwi­ckeln will, braucht den Raum, um auch mal völlig frei rum zu spinnen.“ In spezi­ellen Krea­ti­vi­täts­work­shops kann er das tun. „Ziel ist es, aus dem evolu­tio­nären Weiter­ent­wi­ckeln raus­zu­kommen, und etwas komplett Neues zu schaffen. Mal völlig andere Ansätze zu verfolgen“, erklärt er.

„Wir müssen aus dem evolu­tio­nären Weiter­ent­wi­ckeln raus­kommen und etwas komplett Neues schaffen. Mal völlig andere Ansätze verfolgen.“

Angst vor Fehlern dürfe man dabei keine haben, statt­dessen den Mut zu offener Kommu­ni­ka­tion: „Ich bin ein Freund davon, Probleme anzu­spre­chen. Wenn etwas nicht funk­tio­niert, dann muss man das ohne Bedenken auch sagen dürfen. Schließ­lich können wir daraus viel lernen.“

Licht bändigen

An beson­ders knif­fe­ligen Problemen knobelt Wilm am liebsten abends: „Wenn ich mich in ein Thema rein­fuchsen muss, setze ich mich meis­tens noch­mals hin, wenn ich meine Ruhe habe“, sagt er. Manchmal denkt er da auch über die Verant­wor­tung nach, die die Entwick­lung von der UV-C-LED mit sich bringt. „Die Tech­no­logie ist nicht ganz unge­fähr­lich. Man muss die LED verant­wor­tungs­voll einsetzen. Kontroll­me­cha­nismen und Senso­rik­sys­teme helfen uns dabei. Auch hier reißen die Möglich­keiten und Aufgaben also nicht ab“, sagt Wilm.

Er ist sich sicher, dass ihn die LED auch in anderen Anwen­dungs­be­rei­chen noch eine Weile beschäf­tigen wird. „Ich glaube mit der LED als Licht­quelle, die so flexibel und univer­sell einsetzbar ist, sind wir gerade erst am Anfang. Es gibt noch so viele neue Ideen und Konzepte. Noch ein paar von diesen neuen Berei­chen mit zu begleiten, das würde mir Spaß machen.“

Gut geschützt:

das Package


Ist ein Chip verein­zelt, ist er vor allem eines: sehr empfind­lich. Zum Schutz bekommt er darum zuerst einmal ein Häus­chen, das Package. Das hat unter­schied­lichste Aufgaben: Zum einen ermög­licht es den elek­tri­schen Anschluss, um Strom in die LED zu bringen. Es stellt außerdem sicher, dass ein Bestück­au­tomat die LED aufnehmen und auf einer Platine plat­zieren kann, ohne sie zu beschä­digen. Gleich­zeitig über­nimmt es opti­sche Funk­tionen. Mit einem kleinen Reflektor im Package kann man bereits Licht- oder Strah­lungs­rich­tungen durch­führen.

Heiße Ange­le­gen­heit

Bei der Ausle­gung des Packages spielt das ther­mi­sche Manage­ment eine wich­tige Rolle. Denn je heißer eine LED betrieben wird, desto schneller altert sie. Ledig­lich vier Prozent der elek­tri­schen Energie, die in die LED geleitet wird, emit­tiert sie als UV-C-Strah­lung, der Rest ist Verlust­leis­tung – und die erzeugt Wärme. Für das Package heißt das: es soll die entste­hende Wärme so gut wie möglich aus dem Chip ableiten. Je besser das funk­tio­niert, desto kühler bleibt der Chip und desto länger lebt er. Für die Entwick­lung ist das ein kriti­scher Punkt, denn einer­seits ermög­licht zum Beispiel ein größeres Package einen opti­ma­leren Wärme­fluss, ande­rer­seits bedeutet größer oft auch teurer.

Ob und wie gut das ther­mi­sche Manage­ment funk­tio­niert, simu­lieren die Entwickler bevor sie erste Proto­typen bauen. Sie starten zunächst sehr breit, mit unter­schied­li­chen Konzepten. Finite-Elemente Methoden helfen ihnen dabei, die Mate­ri­al­wech­sel­wir­kungen einzu­schätzen. Dabei wird der Körper, der berechnet werden soll in kleine Teil­körper zerlegt und diese dann auf ihr physi­ka­li­sches Verhalten analy­siert. Das ist wichtig, denn die Ausdeh­nungs­ko­ef­fi­zi­enten der einzelnen Mate­ria­lien, aus denen das Package besteht, unter­scheiden sich. Bei Erwär­mung führt das zu internen Span­nungen. Ob die Verbin­dungs­stellen diesen Stand halten, lässt sich im Vorfeld bereits simu­lieren und über das Design lösen: Kleine Features wie eckige oder runde Kanten, haben oftmals einen Einfluss darauf, wie gut sich Span­nungs­spitzen abfe­dern lassen.

Das Licht formen

Je nachdem, in welcher Anwen­dung das UV-C-Licht später zur Entkei­mung einge­setzt werden soll, muss auch die Abstrahl­cha­rak­te­ristik entspre­chend ange­passt werden. Das emit­tierte Licht lässt sich unter anderem sehr breit auffä­chern oder eng bündeln. Sollen beispiels­weise Wasser oder Luft, die an der LED vorbei­strömen gerei­nigt werden, ist es sinn­voll, die Strahl­quelle nicht eng zu clus­tern, sondern sie entlang eines Wasser- oder Lüftungs­rohrs zu verteilen, um das Medium gleich­mäßig damit zu bestrahlen. Im Gegen­satz dazu erfor­dert die Entkei­mung von Wasser an einem Wasser­hahn oder von Gegen­ständen in kleinen porta­blen Boxen deut­lich klei­nere und konzen­trierte Strah­lungs­flüsse. Das lässt sich über das Package reali­sieren.

Neu denken, heißt es auch bei der Auswahl der Mate­ria­lien für das Package. Einfach die der konven­tio­nellen LEDs zu über­nehmen, funk­tio­niert nicht. Denn dort einge­setzte Kunst­stoffe und orga­ni­sche Verguss­ma­te­ria­lien würde das UV-C-Licht mit seiner hoch­en­er­ge­ti­schen Strah­lung zersetzen. Die Entwickler suchen also nach Mate­ria­lien, die ein stabiles, solides und lang­le­biges Package ermög­li­chen. Kera­miken, Glas und Metal­li­sie­rungen haben sich bisher bewährt.

Auf Biegen und Brechen

Über­zeugt eine Package-Vari­ante in der Simu­la­tion, wird sie als Prototyp aufge­baut und muss erst einmal den soge­nannten „Test-to-Failure“ über­stehen. Bei diesem Test wird das Package so stark belastet, bis es kaputt geht. Dabei ist es deut­lich über­höhten Betriebs­be­din­gungen und Belas­tungen ausge­setzt – die im realen Umfeld so nicht auftreten würden. In den Härte­tests zeigt sich, ob Verbin­dungs­stellen aufgehen und wie das Mate­rial altert. Das wiederum lässt Rück­schlüsse auf die Lebens­dauer der LED zu.

Sind alle Anfor­de­rungen defi­niert und das Package designt, prüft die Ferti­gung, ob es sich auch in großen Stück­zahlen fertigen lässt. Ist das möglich, ist auch das Entwick­lungs­pro­jekt abge­schlossen und die Seri­en­fer­ti­gung kann beginnen.

André Köhler:

knipst das UV-C-Licht an

Köhler ist Global Product Manager Airfield, Medical, UV bei OSRAM DI Industry

Eigent­lich wollte André Köhler ja an der Hoch­schule für Film und Fern­sehen in Babels­berg studieren. Denn das Kino und Film­pro­duk­tionen faszi­nierten ihn. Statt­dessen studierte er BWL, Sozio­logie und Psycho­logie. Aber die Faszi­na­tion für das Licht­spiel blieb.

Als OSRAM den Geschäfts­be­reich für Spezi­al­lampen im Jahr 2000 nach Berlin verlegte, stand für Köhler fest: „Da bewerbe ich mich.“ Kurze Zeit später star­tete er im Vertrieb, wurde Produkt­ma­nager – und war damit seiner Leiden­schaft für Film und Fern­sehen wieder näher: „Unsere Produkte öffneten mir die Türen zu Film­sets und Kinos. Das Kunden­um­feld und die Appli­ka­tionen machen mir Spaß. Ich hätte mich nie im Bereich Allge­mein­be­leuch­tung gesehen, aber die Spezi­al­lampen und der Kontakt zu den Endkunden ist span­nend.“

Komplett­gerät statt Kompo­nente

Zu den Spezi­al­lampen gehören auch die mit UV-C-Strah­lung. Sie stehen seit gut zwei Jahren ganz oben auf Köhlers Aufga­ben­liste. „Der Markt schreit momentan nach dieser Lösung zur Entkei­mung. Viele neue Firmen beschäf­tigen sich jetzt mit der Tech­no­logie, benö­tigen aber Hilfe bei der Inte­gra­tion der Lampen. Dadurch sind wir plötz­lich in der Rolle eines Gerä­te­her­stel­lers und stärker bera­tend tätig“, berichtet Köhler.

„Der Markt schreit momentan nach UV-C als Lösung zur Entkei­mung.“

Der Zeit­druck sei groß, denn nur wer schnell ist, mischt auf dem Markt mit.“ Vieles laufe darum parallel. Gerade auch für ihn, der alle Betei­ligten aus Entwick­lung, Ferti­gung und Logistik koor­di­niert. „Ich bin grund­sätz­lich ein Mensch, der eher Ruhe und Struktur braucht, aber in Stress­si­tua­tionen passe ich mich an“, betont Köhler. „Früher war OSRAM immer ein großer Tanker, der ruhig durch die See fuhr. Ände­rungen wurden langsam, aber sehr bewusst voll­zogen. Das ist jetzt anders. Die Märkte verän­dern sich schnell und die Konkur­renz ist groß. Nun heißt es: schnell auf die neuen Gege­ben­heiten reagieren. „Wir können an einem UV-C-Gerät nicht mehr zwei Jahre entwi­ckeln und es dann in den Markt geben. Die Zeiten sind vorbei. Wir müssen die Prozesse anpassen und oft relativ prag­ma­tisch vorgehen.“

Sein Team arbeitet momentan an einem UV-C-Produkt­port­folio – für eine ganz neue Ziel­gruppe. „Bisher waren unsere Kunden profes­sio­nelle Anwender, jetzt verkaufen wir an Privat­kunden. Das heißt, wir müssen ganz andere Vertriebs­wege nutzen und über Online-Platt­formen wie Amazon verkaufen. Das ist für uns noch Neuland.“

Keine Panik!

Neu denken heißt es auch bei den Sicher­heits­fea­tures für die Geräte mit UV-C-Licht. Diese müssen so ausge­legt sein, dass selbst private Anwender sie gefahrlos einsetzen können. Eine ziem­liche Heraus­for­de­rung und gleich­zeitig eine große Chance, findet Köhler: „Wir liefern nicht mehr nur die Strahl­quelle sondern bieten Komplett­lö­sungen mit Sensorik an.“

Auf dem Weg zu neuen Produkten ist die enge Abstim­mung mit seinen Kolleg*innen für Köhler essen­ziell. Gerade wenn es einmal knif­felig wird. Seine Devise: Erst einmal sacken lassen, keine Panik und mit dem Team ausloten, wie eine Lösung aussehen könnte. „Für mich ist wichtig, dass ich die Leute immer wieder moti­viere“, sagt Köhler. „Ich habe gene­rell eine posi­tive Grund­stim­mung – für mich ist das Glas halb­voll. Jeder Rück­schlag ist eine Erfah­rung und kann gemeis­tert werden. Das versuche ich dem Team als Leiter mitzu­geben. Und ganz wichtig dabei: Humor! Humor hilft mir immer, mich auch aus schwie­rigen Situa­tionen selbst wieder heraus­zu­ziehen.“

Im Einsatz: 

die UV-C-Produkte

Produkte mit konven­tio­nellen Lampen als UV-C-Strahl­quelle gibt es bereits. OSRAM‘s AirZing ist eines davon. Zuerst für den chine­si­schen Markt entwi­ckelt, entkeimte das Gerät am Anfang in Wuhan während der Hoch­phase der Corona-Pandemie Anfang 2020 die Luft in den dort einge­rich­teten Kran­ken­häu­sern. Inzwi­schen werden die Geräte welt­weit einge­setzt. Ist ein Zimmer menschen­leer, wird das Gerät ange­schaltet und reinigt mit seiner UV-C-Strah­lung die Luft und Ober­flä­chen. Kommt jemand in den Raum, erkennen Sensoren die Bewe­gung und schalten das Licht sofort ab, um Schäden an Haut und Augen zu vermeiden.

Die Sache mit der Effi­zienz

Doch bisher stecken in diesen Geräten noch konven­tio­nelle Entla­dungs­lampen, die UV-C-Licht erzeugen. Denn die Effi­zienz der LED reicht bisher nicht, um größere Räume mit UV-C-Licht zu bestrahlen. Bei einer konven­tio­nellen Lampe mit 30 Watt elek­tri­scher Leis­tung liegt die Effi­zienz zwischen 30 und 40 Prozent, das sind etwa zwölf Watt UV-C Leis­tung. Will man zum Beispiel eine 30 Watt Lampe ersetzen, mit der ein Raum entkeimt wird, bräuchte es aktuell noch sehr viele LEDs. Das ist ökono­misch nicht sinn­voll. Lampe raus, LED rein – das geht noch nicht.

Dabei ist die LED gerade für den Einsatz in mobilen Anwen­dungen perfekt geeignet. Sie ist kompakt, bruch­si­cher, vibra­ti­ons­re­sis­tent und kommt ohne Queck­silber aus. Für die Entwickler Grund genug, an Geräten zu feilen, in denen die LED auch mit gerin­gerer Effi­zienz einen guten Job macht. Ein viel­ver­spre­chendes Konzept: ein kompaktes Gerät zur Entkei­mung von klei­neren Flächen.

Kleine Flächen für den Anfang

Die Idee dahinter: Die UV-C-Licht­lö­sung zur Entkei­mung der Raum­luft arbeitet mit einer perma­nenten Zirku­la­tion. Die verbrauchte Luft wird einge­saugt, im Gerät entkeimt und dann wieder in den Raum geleitet. Um ein defi­niertes Raum­vo­lumen zu desin­fi­zieren ist eine gewisse UV-C-Leis­tung erfor­der­lich und eine bestimmte Luft­ge­schwin­dig­keit, mit der die Luft an der UV-C-Luft­quelle vorbei­ge­leitet wird.

Mit einer normalen LED-Einheit ist das aufgrund der geringen Effi­zienz und der hohen Kosten nicht möglich. Die Lösung: Vor den UV-C-LEDs wird ein High-Effi­ci­ency Parti­cu­late Air-Filter, kurz: HEPA-Filter, einge­baut, der die Viren aufnimmt. Diesen zusätz­li­chen Keim­blo­cker reinigt dann eine kleine UV-C-LED-Einheit. Statt die komplette Luft zu entkeimen, strahlt das UV-C-Licht also nur auf den Filter und entkeimt diesen. So könnten LEDs schon bald Aufgaben in größeren Anlagen über­nehmen.

Geforscht wird außerdem an kleinen Geräten, wie einer UV-C-LED-Box in der das Licht die Ober­flä­chen von Handys oder anderen Gegen­ständen von Viren und Keimen befreit. Das wäre dann der „Keim­killer To-go“.

OSRAM Licht AG

OSRAM macht die Welt heller. Mit welt­weit rund 21.000 Mitarbeiter*innen entwi­ckelt das Münchner Unter­nehmen in drei Geschäfts­be­rei­chen (Opto Semi­con­duc­tors, Auto­mo­tive und Digital) Anwen­dungen für die Zukunft. Was es dafür braucht? Den Blick nach vorne, Sicht­bares und unsicht­bares Licht und bril­lante Mitar­beiter.  Die Lampen und LEDs beleuchten unter anderem Gewächs­häuser, Autos, Kinos, Lande­bahnen, Straßen oder auch Radklei­dung. Und sie machen Viren mit UV-C-Licht unschäd­lich.


Foto­grafie: Jan Hosan